Das Jahr 2020 u.Z. war für uns alle voll grosser Herausforderungen, und die gesellschaftlich wohl grösste Belastungsprobe, COVID-19, hat uns nach wie vor fest im Griff.
Daher hier eine kleine Bildergalerie mit einigen der positiveren Momente unseres ersten Gemeindejahres (nach der Zeitrechnung).
Update vom 17. Dezember: Aufgrund der sich in Wiesbaden deutlich verschlechternden Situationwerden wir heute auch keine Chanukkia aufstellen.
Update vom 16. Dezember: Aufgrund der aktuellen Situation ist die unten aufgeführte Veranstaltung abgesagt. Die Chanukkia wird ohne Feierlichkeiten aufgestellt und entzündet.
Wir laden Sie herzlich ein zu unserem Jüdischen Lichterfest, Chanukka 2020 am Donnerstag, 17. Dezember 2020, ab 18.00 Uhr auf den
Schlossplatz in Wiesbaden zwischen Hessischem Landtag und Rathaus
zu einem gemeinsamen Entzünden der Channukia mit Ehrengästen aus Politik und Kultur und Freunden mit kleinem festlichen Beiprogramm und unserem Rabbiner Dr. Walter Rothschild.
Ebenfalls bitten wir alle Gäste, während der gesamten Veranstaltung den Atem-/Mundschutz zu tragen, einen gebührenden Abstand zu anderen Personen und die AHA-Regeln einzuhalten!
Wenn Sie am 10.11.2020 an der Gedenkstätte am Michelsberg in Wiesbaden gewesen sind, dann haben Sie einen halben Davidstern, gebildet aus leeren Schuhen gesehen.
Am 10.11.2020 haben wir um 05.30 Uhr – dem Zeitpunkt, als das Gebäude der Reformsynagoge am Michelsberg vor 82 Jahren brannte – eine Mahnwache zur Erinnerung an die Zerstörung der Reformsynagoge an der Gedenkstätte abgehalten und für alle während der Schoah ermordeten Jüdinnen und Juden im stillen Gedenken einen Kranz niedergelegt.
Wir haben uns zwischen den leeren Schuhen aufgestellt, um zu zeigen, dass die ermordeten jüdischen Bürgerinnen und Bürger dieses Landes zwar nicht mehr da sind, aber in unseren Herzen weiter leben, in unseren Gedanken neben uns stehen und das vielfältige jüdische Leben in Deutschland wieder hergestellt ist. Das Progressive Judentum in Wiesbaden ist wieder sichtbar.
Unsere Botschaft an die Stadt Wiesbaden ist: Wir, die progressiven Jüdinnen und Juden dieser Stadt, sind wieder da!
Wir alle dürfen die Vergangenheit nicht vergessen, aber wir dürfen unsere Gedanken nicht nur zurück, in die traurige Vergangenheit richten, sondern müssen auch nach Vorne schauen!
Bis zum 9. November 1938 stand an dieser Stelle die Reformsynagoge Wiesbadens, die durch die Progressiven Jüdinnen und Juden unserer Stadt errichtet und am 13.08.1869 eingeweiht wurde. Die Mitglieder dieser Gemeinde plädierten für eine Anpassung historisch bedingter religiöser Rituale und Regeln an die Gegenwart bzw. für eine Liberalisierung und Demokratisierung in allen Bereichen des jüdischen Lebens.
Der ehemalige Rabbiner dieser Gemeinde, Abraham Geiger, war einer der Gründer des Progressiven Judentums, wie wir es heute in der ganzen Welt kennen.
Am 10.11.2020 werden wir an der Gedenkstätte am Michelsberg um 0530h – dem Zeitpunkt, als das Gebäude brannte – eine Gedenkveranstaltung und Mahnwache zur Erinnerung an die Zerstörung der Reformsynagoge vor 82 Jahren abhalten.
Die Zerstörung der Reformsynagoge am Michelsberg am 10.11.1938
Selbstverständlich werden die aktuell rechtlich geforderten und durch die Umstände gebotenen Abstands- und Hygieneregelungen eingehalten.
Ein auch für unsere Mitglieder und uns herausforderndes Jahr 2020 neigt sich bald dem Ende entgegen, aber wir haben gute Nachrichten, die eine Kurzmitteilung wert sind:
Wir sind jetzt offiziell ein eingetragener Verein (e.V.) und haben bereits eine vorläufige Anerkennung unserer Gemeinnützigkeit vom Finanzamt.
Sollten Sie Fragen über unsere Zielsetzungen, Inhalte oder Interesse an einer Mitgliedschaft haben, kontaktieren Sie uns gerne!
Liebe Besucherinnen und Besucher, falls Sie unsere Seite bereits früher besucht hatten: Unser Jom Kippur-Artikel war Teil des Seder zum Neuen Jahr-Artikels, was leider missverständlich war, daher haben wir den Artikel jetzt aufgeteilt.
Natürlich verbrachten wir Jom Kippur, den jüdischen Versöhnungstag, auf die moderne Weise, aber im Einklang mit den Jüdischen Traditionen. Wir versammelten uns im digitalen Raum und standen uns trotz der Entfernung ganz nahe. Auch an diesem Tag war Batja mit uns zusammen.
Jom Kippur ist ein Fastentag, an dem viele Juden – sofern das ihre Gesundheit nicht gefährdet, denn diese steht stets über solchen Regeln – 25 Stunden nichts essen oder trinken.
15 Tage nach dem Jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana bzw. 5 Tage nach Jom Kippur beginnt jedes Jahr das jüdische Freudenfest Sukkot (das Laubhüttenfest). Es erinnert an die Flucht unserer Vorfahren aus Ägypten, an den langen Weg durch die Wüste, an die Übernachtungen in provisorischen Hütten.
Als Symbol für die Vergänglichkeit von materiellem Wohlstand bauen die Juden zu Sukkot Hütten unter freiem Himmel, dort, wo man Platz findet: z.B. im Garten, im Hof, auf dem Balkon oder auf der Terrasse.
Das Besondere: Durch das Dach dieser Hütte (Sukka) sollen die Sterne zu sehen sein. In Israel und anderen warmen Ländern ist die Sukka eine Woche lang ein Zuhause für viele jüdische Familien. In kalten Gegenden treffen sich Familien an den Sukkot-Tagen zum Essen. Jeder Gast ist in der Sukka herzlich willkommen. Denn im 3. Buch Mose steht: „Begeht es als Freudenfest mit euren Söhnen und Töchtern, […] mit den Fremden, die bei euch leben…“.
Ein weiteres Symbol für das Fest ist der Feststrauß. Dieser besteht aus einem Zweig der Dattelpalme, drei Myrten- und zwei Bachweidenzweigen sowie aus der Zitrusfrucht einer Zitronenart, dem Etrog. Der Grund, warum ausgerechnet diese vier Pflanzenarten zum Sukkot-Strauß gehören, ist vermutlich ihre Verschiedenartigkeit. Im Feststrauß sind diese verschiedenen Pflanzenarten zu einem Gebinde vereinigt. Dies soll die Einheit des jüdischen Volkes und die gegenseitige Verantwortung der Menschen füreinander symbolisieren.
Diese zwei Symbole von Sukkot sind für unsere Progressive Jüdische Gemeinde Michelsberg sehr aktuell.
Liebe Leserinnen und Leser, Teil dieses Artikels war in einer früheren Version auch unsere Jom Kippur-Veranstaltung, was leider zu Missverständnissen führen konnte, daher gibt es nun einen zweiten Teil.
Die zehn Tage zwischen dem jüdischen Neujahrsfest Rosch ha-Schana und Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag nennt man im Jüdischen als zehn Tage der Umkehr. In diesen Tagen findet ein Brauch unter freiem Himmel statt: Taschlich (im Hebräischen bedeutet „werfen“).
Alles Negative wird symbolisch in fließendes Wasser geworfen. Damit beginnt eine spirituelle Erneuerung. Nach Rabbiner Leo Trepp kam dieser Brauch im Rheinland (wahrscheinlich in der Mainzer Umgebung) auf und wurde von den Juden der ganzen Welt übernommen.
Mit unserem Taschlich am Rhein in Biebrich wollten wir uns und die Stadt Wiesbaden daran erinnern, dass das Jüdische Leben in Deutschland seit fast 1700 Jahren existiert und einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Judentums der Welt hinterließ. Deutschland ist nicht zuletzt die Wiege des Progressiven Judentums.
Leider ist die wunderschöne Reformsynagoge am Michelsberg nicht mehr da und wir suchen ständig nach einem Ort, wo wir uns treffen können. Nichtdestotrotz möchten wir alle Interessierten willkommen heißen.
Sehr gerne informieren wir Wiesbadener Bürger, Schulklassen, Religionsgemeinschaften und andere Gruppen über das Progressive Judentum, über die wichtigen Unterschiede der Strömungen des Judentums, über seine Vielfalt und verschiedene Möglichkeiten, heute jüdisch zu sein.
Durch die Wiederentstehung der Jüdischen Gemeinde am Michelsberg ist das Progressive Judentum in Wiesbaden nun wieder sichtbar – und wir haben unser erstes jüdisches Neujahrsfest mit viel politischer Unterstützung gefeiert!
Die Gemeinde ist Mitglied der Weltunion der Progressiven Juden, der größten jüdischen Bewegung der Welt, die zurzeit in über 50 Ländern 1,8 Millionen Mitglieder zählt.
Wir haben uns entschieden, Rosch ha-Schana im Freien in den Taunusbergen zu feiern, um das Einhalten der Abstandsregeln zu ermöglichen und nicht in einem Raum einander zu gefährden. Die Verwaltung der Gemeinde Hohenstein hat uns bei der Organisation sehr unterstützt. Selbst der Bürgermeister der Stadt Hohenstein, Daniel Bauer, feierte mit uns zusammen. Das zuständige Gesundheitsamt in Bad Schwalbach half uns mit vielen Tipps beim Erstellen des Hygiene- und Infektionsschutzkonzeptes, wofür wir sehr dankbar sind.
Die Jüdische Gemeinde Michelsberg feierte das jüdische Neujahrsfest Rosch ha-Schanah mit einem festlichen Gemeinschaftsessen. Gestaltet von Rabbiner Dr. Walter Rothschild feierten 75 Gemeindemitglieder und Gäste den Anfang des Jüdischen Jahres 5781 zusammen.
Viele Gäste aus der Politik, wie Ex-Oberbürgermeister Wiesbadens Achim Exner, die Bundestagsabgeordneten Martin Rabanus und Klaus-Peter Wilsch haben das Wiederentstehen unserer Progressiven Jüdischen Gemeinde in der Region mit eindrucksvollen und warmen Ansprachen sehr begrüßt. Die persönlichen Gespräche mit den Politikern im Laufe des Abends haben uns Hoffnung gegeben, dass die Progressiven Juden der Stadt Wiesbaden und der Region einen Raum und die Unterstützung der Politik bekommen werden, um jüdische Traditionen entsprechend der Progressiven Sichtweise zu leben und die Errungenschaften der vor 1938 in Wiesbaden gelebten Progressiven Juden weiterzuführen. Denn, auch wenn es die Reformsynagoge am Michelsberg nicht mehr gibt, sind die Progressiven Juden der Stadt wieder da.
Auf jedem Tisch lag eine Kopie des offiziellen Briefs des Israelischen Diaspora-Ministers, Omer Yankelevich, an unsere Gemeinde, in dem er uns im Namen des Staates Israel Shana Tova (ein gutes Jahr) wünscht mit der Danksagung für das fortwährende Bestehen unserer Gemeinde in Deutschland. Beim Lesen dieses Schreibens konnten die älteren Gemeindemitglieder die Tränen nicht zurückhalten. Denn als Schoah-Überlebende kamen sie mit ihren Familien sehr bewusst nach Deutschland, damit es hier wieder vielfältiges jüdisches Leben gibt und um hier die Traditionen des Progressiven Judentums weiterzuführen.
Wir waren sehr froh, dass mit uns zusammen auch nicht jüdische Gäste gefeiert haben. Denn je offener wir sind, je mehr wir übereinander wissen, je öfter wir zusammen feiern, desto weniger Vorurteile entstehen bzw. bleiben bestehen und desto weniger Chancen hat der Antisemitismus in diesem Land.
Das vergangene Jahr war für unsere Gemeinde ganz besonders wichtig. Ungefähr vor einem Jahr, zum 150. Jahrestag der Einweihung der Reformsynagoge am Michelsberg in Wiesbaden, stand unsere Entscheidung fest, wieder eine weitere Jüdische Gemeinde in Wiesbaden entstehen zu lassen, eine Progressive Jüdische Gemeinde Michelsberg. Denn die bestehende jüdische Gemeinde in der Friedrichstraße pflegt unserer Auffassung nach nur die jüdisch orthodoxe Sichtweise, deren Riten und Traditionen. Wir fanden es sehr schade, dass in der Stadt, wo Abraham Geiger als Rabbiner tätig war, das Progressive Judentum seit der Schoah-Zeit praktisch nicht mehr sichtbar war. Abraham Geiger war einer der ersten und wichtigsten Vertreter des Reformjudentums in Deutschland. Seinen Namen trägt das erste nach der Shoah gegründete Rabbinerkolleg in Deutschland.
Also möchten wir mit der Wiederentstehung unserer Progressiven Jüdischen Gemeinde an die progressive Tradition der Vorkriegszeit anknüpfen und wieder unser modernes jüdisches Leben mit der Stadt teilen. Mit den hohen Jüdischen Feiertagen haben wir einen guten Anfang gemacht.
Um die hohen Jüdischen Feiertage in den Corona-Zeiten gebührend zu feiern, mussten wir erfinderisch sein.
Gesundheit hat für unsere Gemeinde natürlich die oberste Priorität. Dennoch wollten wir die wichtigen jüdischen Feiertage Rosch ha-Schana und Yom Kippur nach Möglichkeit zusammen erleben und die Stadt Wiesbaden sowie unsere Region, in der einst sehr viele Progressive Juden lebten, an diese Feiertage erinnern. Deshalb haben wir ein sehr sicheres Hygiene- und Infektionsschutzkonzept ausgearbeitet, wie man diese Tage gestalten kann.
Wir haben uns entschieden, Rosch ha-Schana im Freien in den Taunusbergen zu feiern, um das Einhalten der Abstandsregeln zu ermöglichen und nicht in einem Raum einander zu gefährden. Die Verwaltung der Gemeinde Hohenstein hat uns bei der Organisation sehr unterstützt.
Der wichtigste Gast des Abends kam zu uns aus Israel. Batja Schutz (damals Berti Bukspan) wurde 1929 in Frankfurt am Main geboren und 1938 von den Nazis direkt aus der Frankfurter Grundschule an die polnische Grenze deportiert. Von dort aus flüchtete sie mit ihrer Familie nach Israel. Batja und ihre Familie wurden in Israel Mitglieder einer Progressiven Jüdischen Gemeinde. Zum ersten Mal seit 82 Jahren feierte Batja Rosch ha-Schana in einer Jüdischen Gemeinde in Deutschland wieder. Batjas Geschichte war für alle sehr ergreifend und rührend. Es ist eine große Ehre für uns, dass sie unserer Gemeinde ihr Vertrauen schenkte und mit uns feierte.
Batja war unser wichtigster Gast
Rabbi Dr. Rothschild machte eine kurze Havdalah (eine Zeremonie am Ende des Schabbaths) und sagte dann den Segen über Brot und Wein. Die Brote für das Jüdische Neujahrsfest sind nicht wie sonst länglich, sondern es ist üblich, runde Weißbrote zu verwenden, um auf diese Weise den Jahreskreislauf zu symbolisieren. Außerdem hatten die Gäste an ihren Plätzen Äpfel und Honig sowie Granatäpfel, die traditionellen Symbole, die den Wunsch nach einem süßen und fruchtbaren neuen Jahr darstellen.
Die junge, sehr talentierte Geigerin Alina Gelfond, die Mitglied unserer Gemeinde ist, spielte sehr gefühlvoll jüdische Lieder. Ihr Anblick vor dem Bild der Reformsynagoge am Michelsberg, das unser Fördermitglied, die Wiesbadener Künstlerin Anna Conrad, als Wahrzeichen unserer Progressiven Jüdischen Gemeinde gezeichnet hat, und die herzbewegende Musik haben viele älteren Mitglieder der Gemeinde zu Tränen gerührt. Das waren die Tränen der Erinnerung, aber auch der Freude, dass das Progressive Judentum dieser Region wieder glückliche Zeiten erlebt.
Das Highlight des Abends war das Kabarett-Programm von Rabbi Rothschild, in dem er über sein Leben als Jude in England und als Rabbiner in Deutschland erzählte und dazu „Leider“ sang. Es wurde sehr viel gelacht. Auch wenn man ständig an den durch die Corona-Gefahr nötigen Abstand denken musste, hatten alle sehr viel Spaß miteinander und genossen das Fest.
Genau das ist eins der wichtigsten Ziele unserer Progressiven Jüdischen Gemeinde: Unsere Feste und Traditionen fröhlich und offen zu feiern, über uns selbst und die Welt zu lachen (was typisch jüdisch ist), glückliche Zeiten zu gestalten und aus der Opferrolle herauszukommen. Das ist der größte Sieg über die Zeit, wieder da anzufangen, wo es 1933 leider aufgehört hat. Wir Juden benutzen den Begriff Holocaust (in Übersetzung „völlig verbrannt“) nicht, wir bezeichnen diese Zeit als Schoah (in Übersetzung „eine Katastrophe“). Ja, es war eine von Menschen gemachte Katastrophe, aber wir sind wieder da! Bis heute beweinen wir unsere Familienmitglieder, die damals ermordet wurden, aber wir können wieder lachen (auch für sie und in deren Namen).
Wir leben in Deutschland und das ist richtig so. Unsere Kinder sind deutsche Juden. Das ist doch ein Riesenerfolg, dass dieses Land und wir, Juden, die voller Vertrauen wieder nach Deutschland gekommen sind, zusammen erreicht haben. Wir schauen sehr positiv in die Zukunft! Wir feiern unsere Feste sehr gerne mit allen, die sich dafür interessieren!
Einer der Gäste hat uns folgende Rückmeldung über das Fest zukommen lassen: „An diesem Abend konnte ich erstmals von der Stimmung aufnehmen, wie eine jüdische Gemeinde einen Festtag begeht. Das hatte ich bisher in dieser Form nicht erlebt. Das ist eben der familiäre Zusammenhalt, den ich so persönlich nie kennengelernt habe.“
Im Mai 2020 hätten große Feierlichkeiten anlässlich des 75. Jahrestages des Kriegsende stattfinden sollen, aber die Corona-Gefahr hat dies leider verhindert.
Solche Daten geben uns aber nicht nur einen Anlass zum Feiern. Wir trauern um unsere Familienmitglieder, die während der Schoah ihr Leben verloren haben. Wir trauern um die ermordeten ehemaligen Mitglieder der Jüdischen Gemeinde am Michelsberg, deren Namen wir bewußt weiter tragen und deren progressive Ansichten wir weiter leben. Wir trauern um alle Wiesbadener Juden, die erniedrigt, deportiert und umgebracht wurden. Wir trauern um die 6 Millionen Juden, die während der Schoah-Zeit vernichtet wurden. Wir trauern um 27 Millionen Menschen, die dem 2. Weltkrieg zum Opfer gefallen sind.
Zum Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus hat unsere Gemeinde zum 75. Tag des Kriegsendes eine Kranzniedelegung in der Gedenkstätte am Michelsberg organisiert.
Es war eine bewegende Veranstaltung:
Die Musik aus dem Film „Schindlers Liste“ läuft. Die ältesten Gemeindemitglieder, zu denen Holocaust-Überlebende zählen, laufen neben dem Kranz. Ihre Kinder und Enkelkinder entzünden die Kerzen, legen die Rosen daneben.
Den Kranz tragen unsere Gemeindemitglieder, die keine Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in der Friedrichstraße in Wiesbaden werden durften, da sie keine jüdische Mutter haben. Die so genannten „Vatersjuden“ sind für die orthodoxen Juden keine Juden.
Die „Vatersjuden“ legen den Kranz im Namen unserer ganzen jüdischen Gemeinde nieder als ein Symbol dafür, dass die Satzung der Weltunion der Progressiven Juden, deren Mitglied unsere Progressive Jüdische Gemeinde am Michelsberg ist, nun auch in Wiesbaden umgesetzt wird, da bei uns auch die Vatersjuden gleichberechtigte Gemeindemitglieder sind.
Es ist ein Zeichen dafür, dass das Progressive Judentum in Wiesbaden wieder erstanden ist.
Es ist aber auch unsere Botschaft an die Jüdische Gemeinde in der Friedrichstraße: Wir haben eine gemeinsame Geschichte und Kultur, unabhängig davon, ob wir eine jüdische Mutter oder einen jüdischen Vater haben. Lasst uns zusammenhalten.
Es ist unsere Erinnerung an die Stadt Wiesbaden: Die größte jüdische Gemeinde Wiesbadens vor der Schoah-Zeit hat die Reformsynagoge am Michelsberg errichtet. Diese wurde zerstört, aber wir, progressive Juden Wiesbadens, sind wieder da! Wir möchten das Progressive Judentum in Wiesbaden wieder sichtbar machen und brauchen die Unterstützung der ganzen Stadt.
Es ist unser Appell an alle in Deutschland lebenden Juden: Deutschland ist die Wiege des progressiven Judentums. Die überwiegende Mehrheit der deutschen Juden vor der Schoah-Zeit waren progressive Juden, die für die Anpassung der Religion an die Gegenwart, für Demokratie und Gleichberechtigung der Geschlechter im Judentum plädiert haben, die durch ihre progressiven Ansichten vieles erreicht haben. Sie wurden vernichtet, die von ihnen erbauten Reformsynagogen wurden abgerissen, aber wir sind ihnen gegenüber verpflichtet, auch ihre Traditionen, die Traditionen des Progressiven Judentums, nicht zu vergessen, sondern weiter zu leben.
…Die Schweigeminute nach der Kranzniederlegung hat jeden bewegt…
Doch mit großer Hoffnung schauen wir in die Zukunft.
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